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Strassenkinder in St. Petersburg

Zu Sowjetzeiten gab es praktisch keine Strassenkinder. Betteln war verboten und galt als Strafdelikt, für das man ins Gefängnis kam. Perestroika und Glasnost führten zwar ab 1986 zu einer Demokratisierung, gleichzeitig aber glitt der Staat in eine enorme Wirtschaftskrise. Lebensmittel wurden rationiert und das Stadtbild zunehmend von bettelnden Obdachlosen geprägt. Plötzlich gab es Kinder, die auf der Strasse leben mussten, weil sich niemand mehr um sie kümmerte oder die Eltern mit den neuen Verhältnissen nicht mehr klar kamen.

Erst 1991, mit der Entkriminalisierung von Obdachlosigkeit, war eine offizielle Auseinandersetzung mit der Problematik möglich und es kam zur Gründung von Hilfsorganisationen, wie zum Beispiel Upsala Zirkus.

Heute geht man davon aus, dass in St. Petersburg rund 16‘000 Kinder auf der Strasse leben. Genaue Statistiken darüber gibt es nicht, weil sie schwer erfassbar sind. Zunehmend sind die sogenannten „Sozialwaisen“, Jugendliche, die meist noch einen Elternteil haben, zu Hause übernachten können und sich vom Äusseren kaum von "normalen" Kindern unterscheiden. Sie profitieren von der Hilfe der NGOs, die ihnen Essen und Kleider geben und verbringen die meiste Zeit auf der Strasse, wo sie sich sozialisieren und so Gefahr laufen, in die Kleinkriminalität abzurutschen.

„Eine Zeitlang fragte ich die Kinder, die zu uns in die Anlaufstelle kamen: ‚Warum lebst du auf der Strasse und nicht bei deinen Eltern?‘ Ich dachte, sie würden sagen, weil es zu Hause schlecht sei und sie geschlagen würden. Aber fast alle antworteten: ‚Weil es spannender ist, auf der Strasse zu leben.‘ Das hat mich erschüttert!“
Aleksej, HAF, Hilfe für Strassenkinder, St. Petersburg